Montag, 29. Oktober 2012

Hochzeit

Am Samstag den 20.10.12 wurde in der Assemblies of God Gemeinde in Bunkpurugu Hochzeit gefeiert. Erstes Problem am Samstag Morgen: Was ziehe ich an? Als wir unsere Koffer für Ghana gepackt haben, haben wir wirklich an alles gedacht: was kann dreckig werden, was ist praktisch, nicht zu warm und komfortabel. Aber an ein Kleid für eine besondere Angelegenheit wie eine Hochzeit natürlich nicht...Also haben wir einfach unsere geschneiderten afrikanischen Kleider angezogen; schick genug waren sie und damit fällt man auch nicht ganz so auf...
Als wir in der Kirche ankamen wurde schon kräftig gesungen und getanzt. Das Brautpaar war noch nicht da. Nach einer Weile kam dann der Bräutigam mit seinem „Best man“, umringt von mehreren Männern in schwarzen Anzügen, die ihn an seinen Platz unter einem Bogen aus Luftballons begleiteten. Sein Trauzeuge saß hinter ihm und tupfte ihm unentwegt den Schweiß aus dem Gesicht, während dieser starr auf das Getanze und Gesinge vor ihm blickte. Nach einer Weile kam dann auch die Braut. Ganz in weiß war sie zwar leicht zu erkennen, allerdings war sie so dicht umringt von singenden Frauen und wild fotografierenden Gästen, dass man nur einen Teil ihres Schleiers sehen konnte, während sie den Gang entlanglief...“lief“ ist eigentlich das falsche Wort. Die Masse bewegte sich so langsam voran, dass es schon fast so aussah als würden sie gleich stehen bleiben.
Fast vorne angekommen, kam ihr dann der Bräutigam entgegen und der Vater der Braut „überreichte“ ihm die Braut.
Die ganze Zeremonie verlief im Grunde nicht viel anders als bei deutschen christlichen Hochzeiten, außer, dass sie sich endlos in die Länge zog, da zwischendurch ständig irgendwelche Politiker und andere „wichtige“ Persönlichkeiten und Ehrengäste vorgestellt werden mussten.
Was mir aber auch schon vorher aufgefallen war auf dem Hochzeitsvideo eines Gastbruders war, dass alle Gäste fröhlich schienen und sangen und tanzten...außer das Brautpaar. Man musste schon sehr genau hinsehen um überhaupt mal den Ansatz eines Lächeln zu erkennen. Beide, Braut und Bräutigam, so sah es zumindest aus, schienen die Zeremonie mit starrem Blick über sich ergehen zu lassen. Meine Mitfreiwillige Lisa vermutete es sei der Stress, wegen der ganzen Hochzeitsvorbereitungen, wobei ich mir aber nicht vorstellen kann, dass da deutsche Brautpaare weniger gestresst sein sollen und ich hab noch keine deutsche Hochzeit gesehen bei der zumindest die Braut nicht mal gelächelt hat... wenn ihr da andere Erfahrungen gemacht habt, lasst es mich bitte wissen!
Trotzdem war die Zeremonie sehr schön und sehr eindrucksvoll, mit den vielen bunt gekleideten, tanzenden Frauen, der wunderschönen Braut im weißen Kleid, dem Eheversprechen inklusive Ringtausch und Kuss. Eine schöne Hochzeit.
Nach 4 ½ Stunden sind Lisa und Ich allerdings, noch vor Ende(!), gegangen. Als unsere Gastschwester uns gefragt hat ob wir schon mit ihr nach Hause gehen wollen, haben wir mit Freuden gesagt, Ja, wir wollen!












Dienstag, 16. Oktober 2012

Tamale

Tamale ist eine der größten Städte Ghanas und trotz der sechs Stunden Busfahrt, die nächst größere Stadt von Bunkpurugu aus. So sind also Lisa und ich mit zwei anderen Freiwilligen aus Nakpanduri, einem Nachbardorf, um 2 Uhr morgens am Freitag den 12.10.12 mit dem Bus losgefahren nach Tamale. Nach einer schlaflosen Nacht sind wir um 8 Uhr morgens angekommen. Weil wir auch gleich im Zentrum angekommen sind haben wir uns entschieden die wichtigsten Einkäufe gleich zu erledigen und uns erst danach auszuruhen. Als wir dann den ersten Supermarkt betraten in dem wir auch sogleich das Süßigkeitenregal ansteuerten, stieg die Laune fast augenblicklich von Null auf Hundert. Der Anblick von Schokoladenkeksen, Käse, Würstchen, Marmelade und anderen europäischen Leckereien, die wir seit gefühlten Jahren nicht mehr gesehen hatten, vertrieb jede Müdigkeit und jedes Bedürfnis nach Schlaf. Es ist immer wieder erstaunlich zu merken, dass man etwas erst zu schätzen weiß, wenn es plötzlich nicht mehr da ist. Dazu gehört nicht nur die Vielfalt, die man in deutschen Supermärkten vorfindet. Aber dazu ein andermal mehr.
Nachdem wir also unseren Schokokeks Vorrat auf ein einigermaßen befriedigendes Maß aufgefüllt hatten, begaben wir uns auf die lebensgefährliche Suche nach einem Frühstück. Lebensgefährlich deshalb, weil wir die Straße überqueren mussten. Es gab zwar Ampeln, die waren aber nur einige wenige Sekunden auf grün und hatten sogar einen Countdown der anzeigte wie viele Sekunden man noch hatte bevor wieder rot wurde. Ein Wettlauf gegen die Zeit also. Sobald die Autos grün hatten, kamen als erstes die Motorradfahrer hervorgeschossen, danach die laut hupenden Taxifahrer und dann die Busfahrer, die zwar im Verkehr am langsamsten voran kommen, dafür aber alles und jeden aus dem Weg schieben der zulange im Weg steht. Essen kann man in Tamale alle paar Meter direkt am Straßenrand kaufen. Dort wird es auch direkt zubereitet, sieht zwar nicht sonderlich hygienisch aus, was aber am Ende dabei raus kommt sieht nicht nur gut aus, es schmeckt auch gut. Von Kochbananen, über kleine frittierte Teigbällchen die nach Käse schmeckten, Erdnüsse mit Honig die wie Nussecken aussahen bis zum gebratenen Ei in Weißbrot gab es alles was das Herz begehrt.
Gegen Mittag machten wir uns dann mit einem Taxi, dessen Fahrer sich singend und selbstbewusst durch den Verkehr schlängelte, auf dem Weg zu einer Verwandten von der Gastmutter der Freiwilligen aus Nakpanduri um uns dort auszuruhen. Dort wurden wir sehr freundlich empfangen, bekamen direkt noch mehr zu essen und ein Zimmer in dem wir erstmal ausgiebig Schlaf nachholten. Nachdem wir auch die Nacht dort verbracht hatten, fuhren wir morgens wieder los in die Stadt um die restlichen Einkäufe zu erledigen. Weil wir noch Zeit hatten bis unser Bus zurück nach Nakpanduri und Bunkpurugu kam, gingen wir noch auf den Markt. Der Markt war größer und die Stände bestanden nicht nur aus Tischen oder ausgebreiteten Planen auf dem Boden, sondern aus richtigen kleinen Hütten, die dicht beieinander standen, sodass in der Mitte eine enge, überdachte Gasse entstand. Auch hier gab es eine sehr große Auswahl an Stoffen, Fisch, Obst, Gemüse und anderen Lebensmitteln und sonstigem Krimskrams. Besonders schockierend war ein Stand vor dem abgetrennte Rinderköpfe- und Beine lagen, die bereits eine seltsam gelbe Farbe angenommen hatten und die innen bereits schwarz waren.
Am Busbahnhof angekommen, stellten wir fest, dass unser Bus nicht ein, auch nicht zwei, sondern drei Stunden Verspätung hatte. Da auch kein Platz im Schatten mehr frei war, saßen wir die Zeit schwitzend wie noch nie zuvor in unserem Leben, in der ghanaischen Mittagshitze ab und kauften uns alle paar Minuten ein Päckchen Wasser oder ein Eis um irgendwie zu überleben. Irgendwann kam der Bus dann doch noch und so kamen wir Samstag Abend müde und braun gebrannt wieder „zuhause“ an. Nach dem duschen stellte sich dann aber heraus, dass man doch mehr rot als braun war...trotz allem, ein sehr aufregender und ereignisreicher Trip, der den Erfahrungsschatz „Afrika“ um einiges bereichert hat...


Auf dem Markt in Tamale

Erstaunlich was man so alles auf dem Kopf balancieren kann...

Tamales Straßenverkehr

Sonntag, 14. Oktober 2012

Streichelzoo Bunkpurugu: Außer Esel laufen hier noch Ziegen, Schafe, Hühner, Enten, Schweine und Hunde frei herum

Unsere Zwei-Zimmerwohnung mit geräumiger Terrasse in ruhiger Umgebung :)

Der Innenhof

Links die Küche und rechts Dusch- und Klobereich

Donnerstag, 11. Oktober 2012

Essen (Gewohnheiten)

In den letzten Wochen ist mir so viel eingefallen und auch aufgefallen was man über das Essen in Ghana schreiben könnte, dass ich beschlossen habe darüber in mehreren Teilen zu berichten. Das Essen hier ist nämlich eine Erfahrung für sich, in all seinen Aspekten. Vom Gewöhnungsbedarf an das Essen hier über verschiedene Essgewohnheiten bis zu großen Sehnsuchtsanfällen nach deutschem Essen erlebt man hierbei alle Höhen und Tiefen der Gefühle.

Ich fange mal mit den Essgewohnheiten an. Als erstes fällt auf, dass hier hauptsächlich mit den Fingern gegessen wird. Und das nicht etwa weil sie sich kein Besteck leisten können, sondern weil es einfach Tradition ist. Dabei wird aber NUR die rechte Hand benutzt. Die linke ist Tabu, wie ich auch schon in einem meiner früherer Einträge geschrieben habe. Vor dem Essen wäscht man sich also sehr gründlich in einer kleinen Schüssel mit Seife (eigentlich benutzen die meisten ein Geschirrspülmittel...(?) mit einer sehr intensiv grünen Farbe) die Hände. Ich muss sagen, für mich persönlich war und ist es auch immer noch etwas gewöhnungsbedürftig mit den Fingern zu essen. Ich glaub da bin ich auch nicht die einzige Europäerin, für die es ein bisschen unappetitlich aussieht wenn sich jemand die mit Soße verschmierten Finger ab schleckt. Allerdings sagen ziemlich viele, auch ehemalige deutsche Freiwillige, dass das Essen besser schmeckt wenn man es mit den Fingern isst. Man „erlebt“ es quasi mehr...Ist mir zwar noch nicht aufgefallen, aber vielleicht kommt das ja noch...
Dann habe ich, außer im Restaurant, noch kaum einen Ghanaer gesehen, der an einem Tisch isst. Sie sitzen überall. Alles was sie brauchen, ist ein kleiner Hocker, wo sie ihre Schüssel daraufstellen können. Außerdem essen sie auch nicht gemeinschaftlich in dem Sinne wie wir das kennen, dass die ganze Familie zusammen am Esstisch sitzt und isst. Jeder isst wann er Lust und Hunger hat, das heißt nicht, dass derjenige dann alleine in der Ecke oder in seinem Zimmer sitzt, er setzt sich zu den anderen, die Abends meistens zusammen im Wohnzimmer sitzen, fernsehen gucken und reden. Ich will auch nicht sagen, dass Ghanaer immer „alleine“ essen. Ist die Beziehung zweier besonders gut (z.B. bei Ehepartnern), dann wird auch schon mal aus der selben Schüssel gegessen.
Außerdem ist es anscheinend eine Form der Höflichkeit, dass wenn sich jemand zu dir gesellt während man isst, dass man diesen zu seinem Essen einlädt („You are invited“), auch wenn dieser dann nicht wirklich mit isst. Es ist also meistens nur eine Art Floskel, die aber durchaus ernst gemeint ist. Generell ist es hier anscheinend nicht so, dass das Essen was auf deinem Teller ist (falls überhaupt...meistens wird auch direkt aus dem Topf gegessen), automatisch dir gehört. Es wird ziemlich viel geteilt.

Fufu wird mit den Fingern aus dem Topf, in die Soße getunkt und gegessen - lecker!

So viel bis jetzt zu den Essgewohnheiten. Um zu den verschiedenen Gerichten etwas mehr sagen zu können als ich bisher weiß, bedarf es noch etwas Recherche, da man sich oft kaum vorstellen kann was da so alles in der Soße schwimmt...

Montag, 8. Oktober 2012

Landschaft bei Nakpanduri und Bunkpurugu

Ghana, Northern Region

Lisas Blog

Wenn ihr ein paar Eindrücke mal aus einer anderen Perspektive erzählt bekommen wollt, oder mehr über unseren Tagesablauf wissen wollt, dann guckt doch mal auf dem Blog meiner Mitfreiwilligen Lisa vorbei! Es lohnt sich! www.lisa-in-ghana.blogspot.com

Donnerstag, 4. Oktober 2012

Markt in Jirapa, Upper West

Markt in Jirapa, Upper West (man kann den Fischgeruch regelrecht sehen!)

Ghanaische Fernsehserien

Ihr wundert euch vielleicht, warum es sich lohnen soll über so ein Thema einen Eintrag zu schreiben...ich erkläre euch wieso.
Mit ghanaischen Fernsehserien verhält es sich nämlich ähnlich wie mit Justin Bieber. Entweder man liebt sie, man hasst sie, oder man macht sich einfach nur über sie lustig.
Diese Filme triefen nur so vor Schmalz und Herzschmerz, dagegen sind die Bollywood Filme die reinsten Actionstreifen.
Hier mal die auffälligsten Merkmale einer ghanaischen Fernsehserie:
  1. Es wird ständig geheult. Und zwar sehr ausgiebig, was auch direkt zum nächsten Merkmal führt...
  2. Jede Szene (vor allem die Heulszenen) zieht sich unglaublich in die Länge und wird noch dazu von...
  3. …meistens total unpassender Musik unterlegt.
  4. Die Darstellerinnen sind fast ausnahmslos total überschminkt, tragen aufreizende Kleidung und haben in jeder Szene eine andere Frisur. Einmal musste ich meinen Gastbruder bei jeder neuen Szene fragen, ob das jetzt wieder die von vorher ist oder wieder eine andere, weil...
  5. ...die Handlung sich immer weiter verstrickt in Intrigen, Affären, Skandalen, Lügen, Verbrechen und noch mehr Herzschmerz. Irgendwann kennt sich keiner mehr aus, wer mit wem, mit wie vielen und überhaupt wieso was hatte...
  6. Wer nach all dem ganzen Drama jetzt ein Happy End erwartet, den muss ich leider enttäuschen. Meistens endet das ganze damit, dass einer stirbt, im Knast landet oder es endet einfach mit Open End...,wahrscheinlich weil die Handlung dann so verzwickt ist, dass dem Autor einfach nicht mehr eingefallen ist, wie man das ganze Schlamassel noch retten kann.

Ich gebe euch mal ein Beispiel, obwohl ich nicht garantieren kann, dass ich die ganze Handlung noch richtig zusammen kriege...
Zu den Hauptcharakteren gehören drei beste Freunde. Der eine hat eine Freundin, die ihn sehr gerne heiraten würde, aber er will nicht so recht, weil er ein Auge auf die Mutter einer seiner besten Freunde geworfen hat. Die Mutter dieses Freundes wiederum schmeißt sich regelrecht an ihn heran und so beginnen die beiden eine heimliche Affäre. Ein paar Mal werden die beiden fast vom Sohn der Mutter erwischt. Ohne dem Wissen ihrer jüngeren Affäre, beginnt die Mutter noch eine mit dem anderen besten Freund ihres Sohnes...noch dazu „unterstützt“ die Mutter ihre beiden Affären mit einer beträchtlichen Geldsumme. Die Handlung nimmt eine dramatische Wende, als der eine junge Mann, die Mutter mit ihrer anderen jungen Affäre, einem seiner besten Freunde im Bett erwischt. Als ob das schon nicht genug Schock für beide wäre, kommt in dem Moment auch noch der Sohn der Mutter in das Zimmer, der seine Mutter eigentlich mit einem Strauß Blumen überraschen wollte. Er sieht seine zwei halbnackten besten Freunde mit seiner Mutter im Schlafzimmer und ab jetzt läuft alles in Zeitlupe. Man sieht die geschockten Gesichter jedes Beteiligten für mindestens eine Minute...dann sieht man wie der Blumenstrauß aus der Hand des Sohnes dramatisch zu Boden fällt und die übertrieben zitternde Hand der Mutter, die immernoch ihr Champagnerglas in der Hand hat. Der Sohn läuft aus dem Zimmer, dann ein Cut. Die nächste Szene ist eine extra lange Heulszene der Mutter. Dann erfährt man, dass der Sohn im Gefängnis gelandet ist, weil er auf seine beiden (ehemalig) besten Freunde geschossen hat. Einer ist gestorben, und der andere (der mit der Freundin) liegt schwer verletzt im Krankenhaus. Nach ein paar weiteren Heulszenen der Mutter, beschließt diese, eine befreundete Richterin dazu zu bringen ihrem Sohn nicht die drohende Todesstrafe zu verhängen. Nachdem diese aber nicht auf diesen Deal einlässt, lässt die Mutter die Tochter der Richterin entführen um diese zu erpressen. Dann endet der Film/Folge mit einem Schuss. The End.

Die Ghanaer lieben diese Serien, sie können dir nämlich immer genau erklären was gerade passiert, was davor passiert ist UND was noch passieren wird...

Mittwoch, 3. Oktober 2012

Meine Mitfreiwillige Lisa (links) und ich in unseren maßgeschneiderten afrikanischen Kleidern auf unserer überdachten Veranda in Bunkpurugu

Auf dem Weg nach Bunkpurugu - siehe Blogeintrag "Straßen"

Dienstag, 2. Oktober 2012

Bunkpurugu

Am 24.09.12 sind wir in Bunkpurugu, dem Ort an dem wir das nächste Jahr über leben und arbeiten werden, angekommen. Bunkpurugu ist ein relativ kleiner und ruhiger Ort, ziemlich weit im Nordosten Ghanas nur drei Kilometer von Togo entfernt. Bis vor ein paar Jahren gab es hier angeblich nicht mal Elektrizität. Es gibt hier ca. 5 einigermaßen befahrbare Straßen, der Rest des Ortes besteht aus Trampelpfaden. In der Regenzeit (also auch jetzt gerade) sind die Wegränder der Straßen und Trampelpfade so hoch mit Gräsern und anderen Pflanzen bewachsen, dass es für Fremde fast unmöglich ist sich zu orientieren. Noch dazu sehen auch die Häuser fast alle gleich aus. Außer auf dem Markt, der Haupteinkaufsstraße und anderen öffentlichen Orten wie Krankenhaus und Schule trifft man auf den Straßen kaum Menschen an. Wenn Mittags die Sonne am heißesten vom Himmel brennt, sitzen die meisten vor ihren Häusern unter einem Baum und ruhen sich aus. Hier hat fast jeder vor seinem Haus ein ca. kniehohes Holzgestell, direkt unter einem großen Baum, auf dem nebeneinander, wie bei einem Floß, mehrere dicke Holzstämme liegen, auf die man sich, mehr oder weniger bequem, setzen oder legen kann. Mittags ist es unter diesen großen Bäumen am besten auszuhalten. Man erlebt regelrecht einen Temperatursturz sobald man sich unter so einen Baum begibt.

Unsere Gastfamilie besitzt sowas, was wir in Deutschland als kleine Farm bezeichnen würden. Das Grundstück besteht aus mehreren Gebäudeteilen (Wohnhäuser der Familie, Dusch- und Klobereich, Küche, unserem Wohnbereich und Hühnerstall), die so stehen, dass in der Mitte ein kleiner Innenhof ist. Hier gibt es Hühner, Schafe und einen Hund und auf der Straße vor unserem Haus laufen noch Esel, Ziegen und Schweine herum, bei denen ich keine Ahnung habe wem die eigentlich gehören. Hier im Haus, wie wahrscheinlich auch in den meisten Häusern Bunkpurugus gibt es kein fließend Wasser. Im Hof stehen drei große Wasserbehälter die, wenn sich nicht vom Regen gefüllt werden, regelmäßig mit Wasser vom nächsten Brunnen gefüllt werden müssen. Den ganzen Tag über sieht man deshalb vereinzelt Frauen mit riesigen Eimern auf dem Kopf die Straße rauf und runter schlendern. Wenn man einmal wegen jeder Kleinigkeit Wasser über den Hof schleppen muss, merkt man erst wie viel Wasser man in Deutschland eigentlich unnötig verbraucht, man muss ja auch nur den Hahn aufdrehen. Hier fängt man plötzlich an, sehr genau darauf zu achten, dass man einen Eimer mit Wasser vielleicht für zwei Mal Geschirrspülen benutzt und dass man zum duschen auch mit einem Eimer hinkommt. Womit man hier sehr viel Wasser spart, ist der Toilettengang...das Klo besteht nämlich nur aus einem Loch. Keine Klospülung. Einmal habe ich den Fehler gemacht, da hinein zugucken. Es ging sehr lebhaft zu da unten, mehr muss ich nicht sagen und wollt ihr wahrscheinlich auch nicht wissen.
Es ist aber schon erstaunlich wie schnell man sich an solche Umstände gewöhnt. Anfangs konnte ich mir kaum vorstellen, dass ich das überlebe mich ein Jahr, jeden Tag, über so ein Loch zu hocken, aber nach einer Woche muss ich sagen, dass ich tatsächlich kaum noch ein Problem damit habe. Das Einzige, was immer noch ein bisschen komisch ist, ist das Lochhäuschen ohne dem Geräusch einer Klospülung zu verlassen. Es ist jedes mal, als hätte man was vergessen...

Unsere Familie besteht aus unserem Gastvater, dem Landlord, der hier anscheinend sehr angesehen ist im Dorf und außerdem mit fast jedem hier verwandt zu sein scheint, seiner Frau, die leider kein Englisch spricht, dafür aber sehr gut kochen kann, deren Sohn, der sehr hilfsbereit und nett ist und anscheinend alleinerziehender Vater von einem kleinem süßen ca. 3 jährigen Jungen ist. Dann wohnen hier noch ein Mädchen und ein Junge, etwas jünger als wir, bei denen wir aber das Verwandtschaftsverhältnis zum Rest der Familie noch nicht ganz durchblickt haben...alles in allem also eine sehr nette Familie.

So, das war jetzt ein etwas längerer Eintrag, ich werde auch noch versuchen Bilder rein zustellen, aber dazu muss ich erstmal herausfinden, wie ich mit meinem Fotobearbeitungsprogramm das Format kleiner machen kann. Ich gebe mir die größte Mühe ;)

Montag, 1. Oktober 2012

Dadas Geschichten 3: Warum man nicht mit Wut handeln sollte

„Es war einmal ein sehr armer Mann, der heiratete eine Frau. Als sie ihren ersten Sohn gebar, ging der Mann in den Süden um Geld zu verdienen und damit seine Frau nicht nochmal schwanger wurde während sie stillte. Als der Mann nach ein paar Jahren die Nachricht bekam, dass er nun wieder nach Hause kann, hatte er immer noch nicht genug Geld um nach Hause zu fahren. Als er es dann nach 21 Jahren zusammen hatte und nach Hause kehrte, fragte er einen weisen alten Mann um Rat. Der gab ihm folgenden Rat: „Wenn du nach Hause kommst und du siehst irgendetwas das dich ärgert, dann geh wieder nach draußen, warte und geh wieder rein. Wiederhole das drei Mal.“
Also ging der Mann und betrat sein Haus. Da sah er im Schlafzimmer seine Frau schlafend im Bett. Neben ihr lag ein junger Mann. Voller Wut darüber, dass seine Frau fremdgeht, zückt er ein Messer und will den Mann umbringen. Da erinnert er sich an die Worte des alten Mannes und geht nach draußen. Als er wieder reinkommt, schlafen die beiden immer noch. Beim zweiten Mal auch noch. Beim dritten Mal sind beide wach und der Mann erfährt, dass der junge Mann sein Sohn ist.“

4 Wochen

Heute sind es genau vier Wochen, die wir jetzt schon in Ghana sind. Zu dem Anlass, hier mal ein paar Fakten und Besonderheiten um diese Wochen mal zu resümieren:
    1. Afrikaner sind nicht faul, sie chillen nur. Gelebte Zeit und Uhrzeit haben hier keinen gemeinsamen Nenner. Wie Pastor Mario so schön gesagt hat: „Die Europäer haben die Uhr, die Afrikaner die Zeit.“
    2. Wenn man in ein Zimmer kommt und da steht ein Fernseher, dann ist der an. Und zwar immer. Es sei denn es ist gerade Stromausfall. Das er an ist heißt aber nicht, dass auch geguckt wird. Es wird geredet, rumgelaufen, am Computer gearbeitet, gegessen, telefoniert etc. Da kann der Film noch so spannend, tragisch oder lustig sein. Ich hab hier noch keinen gesehen, der sich einen ganzen Film am Stück angesehen hat.
    3. Wasser trinkt man aus Tüten. Das sind so viereckige, verschweißte Tüten in die ein halber Liter reingeht. Das praktische ist, dass man sie in einem Stück austrinken sollte, weil man sie ja nicht wieder verschließen kann (man reißt sie übrigens mit den Zähnen auf). Das führt dazu, dass man automatisch mehr trinkt und bei der Hitze ist das auch gut so!
    4. Wenn man von jemanden den Namen nicht kennt und ihn rufen will, dann ruft man ihn einfach mit „Mama“, „Dada“, „Brother“/“Sister“, „Uncle“, „Auntie“, „Grandma“ oder „Grandpa“. Dabei nennt man z.B. ältere Männer „Dada“, „Grandpa“ oder „Uncle“ und gleichaltrige oder jüngere „Brother“. Finde ich persönlich super, auch wenn es gewöhnungsbedürftig ist einen Wildfremden mit Dada anzusprechen.
    5. In Ghana wird fast alles mit der rechten Hand gemacht. Die linke Hand gilt als unrein und deshalb ist es schlimme Beleidigung, jemandem etwas mit der linken Hand zu geben und etwas mit der linken Hand entgegen zu nehmen. Auch gegessen wird mit der Hand, der rechten Hand. Für mich als Linkshänderin eine echte Herausforderung, noch dazu weil es in Deutschland völlig egal ist mit welcher Hand man was macht. Für die Ghanaer, die schon öfter mit Weißen zu tun hatten, wie zum Beispiel meine Gastfamilie, ist es nicht mehr so schlimm, wenn man ihnen die linke Hand gibt. Sie wissen schon, dass das von uns aus gar nicht als als Beleidigung gedacht ist. Trotzdem haben sie es auch gerne, wenn sie sehen, dass man sich Mühe gibt und diese Regel trotzdem einhält. Mittlerweile hab ich es mir hinter die Ohren ähh.. ich meine auf die linke Hand geschrieben.

Straßen

Die Straßen hier sind zum Teil einfach nur richtig schlecht! Das ist vielleicht ein bisschen schlampig ausgedrückt, ist aber so. Auf dem Weg von Jirapa nach Bunkpurugu (unserer Einsatzstelle) sind wir alle möglichen Kategorien einer schlechten Straße überfahren.
  1. Kategorie: Asphaltiert ABER...
    Bei dieser Kategorie denkt man zuerst, super, Asphalt, was kann schon nicht stimmen? Diese Art von Straße hat zum Teil mehr Löcher als ein Schweizer Käse. Große, kleine, tiefe, mit Wasser gefüllte, eckige und runde Schlaglöcher, für jeden was dabei. Das nervige dabei ist, dass man mit dem Auto immer anfährt und vor jedem Schlagloch aber wieder abbremsen muss, dann gibt’s einen Holperer, es wird wieder angefahren und vor dem nächsten Schlagloch wieder abgebremst. Die Bewegung die man selber dabei macht, ist ganz einfach und kann jeder vor seinem Rechner nachmachen. Erst Körper in die Lehne drücken, dann nach bisschen nach vorne lehnen und dann ein bisschen nach links oder rechts geneigt einen kleinen Hopser auf dem Stuhl. Und das im drei-Sekunden Rhythmus.
  2. Kategorie: Das soll eine Straße sein?
    Diese, von den Leuten hier sogenannten „Straßen“ bestehen aus Sand und Erde und voraus der Boden hier eben besteht. Sie sind aber weder geradlinig noch eben und haben auch sonst keine Eigenschaften die wir normaler Weise einer Straße zuschreiben würden. Ich versuche diese Straße mal zu beschreiben. Sie sieht zum Teil eher aus wie ein Wanderweg, große Steine liegen verstreut im Weg oder es laufen bis zu einem halben Meter tiefe Rillen quer über die Straße. Sie ist eben wie gesagt nicht eben, hat hier und da Erhöhungen und Senkungen, und wenn wir nicht so gequetscht im Auto gesessen hätten, hätte es einen ganz schön herum geschleudert.
  3. Kategorie: Straße oder Fluss?
    Auf unserem „Roadtrip“ sind wir auch an einer Stelle vorbeigekommen, die komplett von einem Fluss überschwemmt war. Das Wasser floss in Strömen quer über die Straße und Stand zum Teil bis zu den Knien. Kleinere Autos mussten durch geschoben werden, aber wir mit unserem Landcruiser sind meistens einfach durchgefahren, dass das Wasser nur so gespritzt hat! Das war noch die witzigste Kategorie von Straße, die ganze Situation war jedenfalls sehr lustig und irgendwie afrikanisch ^^

Es gibt natürlich auch Straßen, auch asphaltiert, die sehr gut befahrbar sind. Die meistens davon bestehen aber auch aus sandiger Erde, sind aber größtenteils eben. Meistens waren diese Straßen dann so staubig, dass man am Ende der Fahrt von Kopf bis Fuß von einer feiner Sandschicht bedeckt war. Das dann gemischt mit ein „bisschen“ Schweiß und man sah aus als hätte es Schlamm geregnet... :)