Es ist mal wieder schon zehn vor vier
und der Lehrer, der unsere älteste Klasse unterrichten soll, ist
immer noch nicht da. Ich checke also wie immer erst mal die
Anwesenheit in den anderen beiden Klassen, bevor ich mich daran mache
unseren drei Jüngsten, Albert, Lamisi und Tanpandam, ihre Aufgaben
zu geben. Um diese drei müssen Lisa und Ich uns kümmern, weil sie
noch so gut wie kein Englisch können und deshalb im normalen
Nachhilfeunterricht nicht mitkommen. (Noch dazu, weil die Lehrerin
der jüngsten Klasse (6-9 Jahre) ihnen eine selbst erfunden Art der
Bruchrechnung erklärt, bei der ½ kleiner ist als 2/4...)
Für Albert sind es diesmal zehn
Minusaufgaben, nachdem er an der Aufgabe gescheitert ist, ob die 2
wohl größer oder kleiner ist als die 4...Nach einigen
Erklärungsversuchen (auf Englisch), hab ich es allerdings
aufgegeben. Die Minusaufgaben dürften aber in einer Stunde sogar für
ihn zu schaffen sein. Lamisi darf in ihrem neuen Copybook, Sätze
schön auf eine Linie schreiben und Tanpandam schreibt das Alphabet
zum tausendsten Mal ab. Nachdem die Aufgaben verteilt sind, kommt
Albert plötzlich drauf, dass er mit seinem Bleistift nicht schreiben
kann..., nach einem kleinen Wortwechsel mit Lamisi, gibt diese ihm
ihren Kuli und sie fängt mit seinem Bleistift zu schreiben an.
(...???...) Ich denke mir, jetzt sind die drei erst mal beschäftigt
und gehe raus um zu sehen ob der Lehrer schon aufgetaucht ist. Ja, er
ist da und Lisa kommt um mir mit den Kleinen zu helfen.
Als wir zurück in die Klasse kommen
ist Albert mit allem anderen in seiner Umgebung beschäftigt nur
nicht mit seinen Matheaufgaben und Lamisi ist dabei ihre Sätze so zu
schnörkeln, dass das „t“ und das „s“ gleich aussehen...Lisa
kümmert sich also um Lamisis „Schönschrift“ während ich
versuche Albert aus seinem verträumten „aus-dem-Fenster-Blick“
zu wecken und wieder für seine Minusaufgaben zu begeistern...Als das
halbwegs geschafft ist und ich mir sicher bin, dass Albert wenigstens
so tut als würde er 5 – 4 an seinen Fingern abzählen, gehe ich
mit Tanpandam noch einmal das ABC durch. Bis zum „K“ läuft es
schon ganz gut, doch als sie dann beim „P“ mit tiefster
Überzeugung und einen triumphierenden Lächeln auf dem Gesicht „G“
sagt und Albert schon wieder dabei ist den Vögeln hinterher zu
gucken und Ameisen auf der Fensterbank zu zerdrücken, beschließen
Lisa und Ich mit den dreien in einen anderen ruhigeren Klassenraum zu
gehen.
Dort angekommen, vermisst Lamisi
plötzlich ihren Kuli und auch Albert, der eben noch damit Ameisen
gekillt hat, weiß nicht wo der Stift ist...ist ihm aber auch egal,
weil er ist gerade dabei seinen Bleistift zu einer Mordwaffe
anzuspitzen. Dann entschließt er sich doch dazu ihn zu suchen, kann
ihn aber nirgendwo finden. Lisa gibt Lamisi ihren Stift und wir
können endlich weiter machen. Als Albert dann aber wieder zu spitzen
beginnt, nehme ich ihm den Spitzer ab, doch zu spät, der Bleistift
ist mittlerweile so spitz, dass man die Linie auf dem Papier nicht
mehr sehen kann. Mit der dritten von seinen zehn Aufgaben hat er
allerdings Probleme und ich beschließe ihm zu helfen, begehe dann
jedoch einen fatalen Fehler. Ich halte ihm meine Hände hin, damit er
an meinen Fingern die geforderte Zahl abziehen kann...zu spät fällt
mir sein mörderischer Bleistift ein, mit dem er im nächsten Moment
meine Finger „abzieht“. Wenigstens hat er die Aufgabe jetzt
richtig aber ich muss eine Runde an die frische Luft, zum Glück ist
die Stunde so gut wie um! Für heute bin ich mit meinen Nerven am
Ende, aber morgen ist wieder ein neuer Tag und irgendwie freue ich
mich drauf, schließlich habe ich diese verrückte Bande doch
irgendwie ins Herz geschlossen.
Eingeklemmt zwischen winzigen, klapprigen Schulbänken |
Die fleißige Tanpandam und der vertäumte Albert |
Albert gönnt sich eine Pause... |