Dieser Eintrag soll nicht nur von der
großen Hilfsbereitschaft der Ghanaer zeugen, sondern auch von der
unglaublich großen Liebe und Fürsorge Gottes, die ich vor allem
hier in einem zum Teil sehr chaotischen und unübersichtlichen Land
beinahe täglich spüre.
Am 18.12.12 mussten wir mal wieder um 1
Uhr morgens aufstehen um den Metro Bus nach Tamale zu nehmen. Von
dort wollten wir in einen Bus nach Wa umzusteigen, weil wir Weihnachten und
Silvester zusammen mit den anderen Freiwilligen in Jirapa (eine
Stunde entfernt von Wa) verbringen wollten.
Am Tag vorher hatten wir noch versucht
unseren Gastbruder in Tamale anzurufen, der uns die Tickets nach Wa
kaufen sollte, weil wir sonst keine mehr bekommen hätten, wenn wir
sie erst in Tamale gekauft hätten. Da wir ihn nicht erreichen
konnten, schickten wir ihm eine SMS und hofften, dass es schon
klappen würde...
So saßen wir also eine gefühlte halbe
Ewigkeit viel zu früh morgens und bei gefühlten Minusgraden, an der
Busstation und warteten, bis der Busfahrer sich endlich entschied,
dass es Zeit wurde das Gepäck im Bus zu verstauen.
Als wir dann in Tamale ankamen begann
die Kette der Katastrophen, die sich noch über den ganzen Tag ziehen
sollten damit, dass der Bus nicht wie normalerweise bis zur
Busstation fuhr, sondern irgendwo mitten in Tamale hielt. Alle mussten aussteigen , weil der Bus direkt zur Werkstatt fahren wollte.
So standen wir also mitten in Tamale mit unseren Koffern und hatten
keine Ahnung wo wir waren. Das erste Gefühl von Panik bahnte sich gerade an, als plötzlich eine Frau neben uns stand, auch aus Bunkpurugu
und aus dem selben Bus, die uns anbot uns zur Busstation zu
begleiten. Und noch während wir das Angebot dankend und erleichtert
annahmen, packte eine andere Frau unsere Koffer (beide!) auf ihren
Kopf und brachte uns zur Station.
An der Busstation angekommen wollte uns
der Stress und die Panik schon wieder einholen als wir sahen, dass
unser Bus nach Wa schon dabei war Gepäck einzuladen und die Leute
schon auf ihre Plätze gingen. Und wir hatten immer noch nichts von
unserem Gastbruder gehört und hatten keine Ahnung, ob er die Tickets
gekauft hatte...In dem Moment ruft er an und sagt uns, er hätte die
SMS erst an dem Morgen gelesen und wollte auch die Tickets kaufen,
was er aber dann doch nicht gemacht hat, weil der Bus schon weg gewesen wäre, wenn wir angekommen wären...theoretisch.
Da der Bus nach Wa nun schon voll war,
kam uns die Idee, ein Trotro zu suchen, das uns nach Wa bringt. Ich
wartete also an der Busstation, während Lisa mit der Frau, die uns
dahin gebracht hatte zur Trotrostation lief um nach einem Trotro zu
suchen. Ein paar Heiratsanträge später kam Lisa mit der guten Nachricht zurück, dass es tatsächlich ein Trotro gibt, das direkt
nach Wa fährt.
Zurück an der Trotrostation fällt uns
auf, dass das Geld welches wir noch übrig hatten noch reicht um uns nach
Wa zu bringen, nicht aber unsere Koffer. Als unsere letzte Hoffnung
rufen wir unseren Gastbruder an, der verspricht so schnell wie
möglich vorbei zukommen. Erleichtert darüber, gleich jemanden zu
haben, der zumindest einen von uns mit dem Moto schnell zur nächsten
Bank bringen kann, warten wir....und warten....und warten. Nach 1 ½
Stunden steht bereits das Trotro da, wir sitzen schon drin mit
unserem Ticket aber der Fahrer will unser Gepäck nicht aufladen
solange wir nicht bezahlt haben. Panik beginnt wieder aufzusteigen
als in dem Moment unser Gastbruder in der Tür auftaucht und uns das
doppelte an Geld in die Hand drückt als wir eigentlich für unsere
Koffer brauchen. Von dem Rest sollen wir uns was zu essen kaufen. Zum
tausendsten Mal erleichtert und dankbar an diesem Tag, lassen wir uns
in unsere Sitze sinken und denken uns, was kann jetzt noch Schlimmes
passieren? …
Es war inzwischen schon 14 Uhr am 18.12.12 und wir
rechneten uns aus, dass wir am frühen Abend ungefähr in Wa ankommen
müssten...falsch gedacht.
Ungefähr auf einem Drittel des Weges,
inmitten von nichts außer vertrockneten Feldern und Buschbränden,
fing das Trotro an, ungesunde Geräusche zu machen. Während der
Fahrer sich also unter das Trotro begab um den Fehler zu beheben,
begaben sich andere für eine Pinkelpause in den Busch. Die
Atmosphäre war abenteuerlich. Durch den Rauch, den die Brände
verursachten und den durch den Wind aufgewirbelten Sand, konnte man
selbst am helllichten Tag keine 100 Meter sehen und der Himmel war
grau-rot von Rauch und Sand.
Die Freude als es endlich weiterging
währte aber auch nicht lange, denn schon im nächsten Dorf mussten
wir an der nächsten Werkstatt (die eher aussah wie ein
Autofriedhof...) anhalten.
Eine halbe Stunde lang erkundeten Lisa
und ich also die Gegend und machten uns über mein vom Sand
gebräuntes Gesicht, das aussah als wäre ich zu lange im Solarium
gewesen, und meine durch den Sand sehr hellbraun gewordenen Haare
lustig.
Als wir uns fragten, wann es wohl weitergeht und ob es
überhaupt heute noch weitergeht, wird uns erst richtig bewusst wie
wir zwar von einer Katastrophe in die nächste geschlittert sind, uns
aber immer in allerletzter Sekunde irgendein netter Mensch wie ein
Engel gerettet hat. Die Erkenntnis, dass es sich wirklich zu 100%
lohnt, voll und ganz auf Gott zu vertrauen, trifft uns in dem Moment
wie ein Geistesblitz und eine tiefe innere Entspannung bringt uns
dazu, mitten im Nirgendwo auf einer Autofriedhof-Werkstatt glücklich
zu sein. Wie auf ein Stichwort springt in dem Moment das Trotro
wieder an und die Fahrt geht weiter. Mit schmerzendem Hinterteil,
Sand in Mund, Lunge, Nase und sonst jeder Körperoberfläche und
vollkommen übermüdet aber mit der Gewissheit, dass Gott alles in
seiner Hand hat, egal was noch schiefgehen sollte, sitze ich also im
Trotro und beobachte die lachsfarbene Sonne wie sie trotz dichtem
Rauch mit einem kräftigen Farbton hinter schwarz verkohlten Bäumen
untergeht und bin einfach nur glücklich jetzt da zu sein wo ich war
und all das an diesem Tag erlebt zu haben.
Eine weitere Trotropanne später kamen
wir letztendlich in Wa an wo wir von einem weiteren Gastbruder
abgeholt wurden.
Nach insgesamt 22 Stunden Fahrt, kamen
wir halbtot und verdreckt aber glücklich in Jirapa an und eine
gründliche Dusche später lag ich im Bett und das Einzige was ich
noch denken konnte war: „Danke Jesus!“
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Quer durch Tamale - da haben wir uns ja was in den Kopf gesetzt...äh, auf den Kopf gesetzt |
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Enges Gedränge an der Trotrostation |
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Auf geht's in ein verrauchtes Abenteuer |