Donnerstag, 17. Januar 2013

Mit Gott quer durch Ghana

Dieser Eintrag soll nicht nur von der großen Hilfsbereitschaft der Ghanaer zeugen, sondern auch von der unglaublich großen Liebe und Fürsorge Gottes, die ich vor allem hier in einem zum Teil sehr chaotischen und unübersichtlichen Land beinahe täglich spüre.

Am 18.12.12 mussten wir mal wieder um 1 Uhr morgens aufstehen um den Metro Bus nach Tamale zu nehmen. Von dort wollten wir  in einen Bus nach Wa umzusteigen, weil wir Weihnachten und Silvester zusammen mit den anderen Freiwilligen in Jirapa (eine Stunde entfernt von Wa) verbringen wollten.
Am Tag vorher hatten wir noch versucht unseren Gastbruder in Tamale anzurufen, der uns die Tickets nach Wa kaufen sollte, weil wir sonst keine mehr bekommen hätten, wenn wir sie erst in Tamale gekauft hätten. Da wir ihn nicht erreichen konnten, schickten wir ihm eine SMS und hofften, dass es schon klappen würde...
So saßen wir also eine gefühlte halbe Ewigkeit viel zu früh morgens und bei gefühlten Minusgraden, an der Busstation und warteten, bis der Busfahrer sich endlich entschied, dass es Zeit wurde das Gepäck im Bus zu verstauen.
Als wir dann in Tamale ankamen begann die Kette der Katastrophen, die sich noch über den ganzen Tag ziehen sollten damit, dass der Bus nicht wie normalerweise bis zur Busstation fuhr, sondern irgendwo mitten in Tamale hielt. Alle mussten aussteigen , weil der Bus direkt zur Werkstatt fahren wollte. So standen wir also mitten in Tamale mit unseren Koffern und hatten keine Ahnung wo wir waren. Das erste Gefühl von Panik bahnte sich gerade an, als plötzlich eine Frau neben uns stand, auch aus Bunkpurugu und aus dem selben Bus, die uns anbot uns zur Busstation zu begleiten. Und noch während wir das Angebot dankend und erleichtert annahmen, packte eine andere Frau unsere Koffer (beide!) auf ihren Kopf und brachte uns zur Station.

An der Busstation angekommen wollte uns der Stress und die Panik schon wieder einholen als wir sahen, dass unser Bus nach Wa schon dabei war Gepäck einzuladen und die Leute schon auf ihre Plätze gingen. Und wir hatten immer noch nichts von unserem Gastbruder gehört und hatten keine Ahnung, ob er die Tickets gekauft hatte...In dem Moment ruft er an und sagt uns, er hätte die SMS erst an dem Morgen gelesen und wollte auch die Tickets kaufen, was er aber dann doch nicht gemacht hat, weil der Bus schon weg gewesen wäre, wenn wir angekommen wären...theoretisch.
Da der Bus nach Wa nun schon voll war, kam uns die Idee, ein Trotro zu suchen, das uns nach Wa bringt. Ich wartete also an der Busstation, während Lisa mit der Frau, die uns dahin gebracht hatte zur Trotrostation lief um nach einem Trotro zu suchen. Ein paar Heiratsanträge später kam Lisa mit der guten Nachricht zurück, dass es tatsächlich ein Trotro gibt, das direkt nach Wa fährt.
Zurück an der Trotrostation fällt uns auf, dass das Geld welches wir noch übrig hatten noch reicht um uns nach Wa zu bringen, nicht aber unsere Koffer. Als unsere letzte Hoffnung rufen wir unseren Gastbruder an, der verspricht so schnell wie möglich vorbei zukommen. Erleichtert darüber, gleich jemanden zu haben, der zumindest einen von uns mit dem Moto schnell zur nächsten Bank bringen kann, warten wir....und warten....und warten. Nach 1 ½ Stunden steht bereits das Trotro da, wir sitzen schon drin mit unserem Ticket aber der Fahrer will unser Gepäck nicht aufladen solange wir nicht bezahlt haben. Panik beginnt wieder aufzusteigen als in dem Moment unser Gastbruder in der Tür auftaucht und uns das doppelte an Geld in die Hand drückt als wir eigentlich für unsere Koffer brauchen. Von dem Rest sollen wir uns was zu essen kaufen. Zum tausendsten Mal erleichtert und dankbar an diesem Tag, lassen wir uns in unsere Sitze sinken und denken uns, was kann jetzt noch Schlimmes passieren? …

Es war inzwischen schon 14 Uhr am 18.12.12 und wir rechneten uns aus, dass wir am frühen Abend ungefähr in Wa ankommen müssten...falsch gedacht.
Ungefähr auf einem Drittel des Weges, inmitten von nichts außer vertrockneten Feldern und Buschbränden, fing das Trotro an, ungesunde Geräusche zu machen. Während der Fahrer sich also unter das Trotro begab um den Fehler zu beheben, begaben sich andere für eine Pinkelpause in den Busch. Die Atmosphäre war abenteuerlich. Durch den Rauch, den die Brände verursachten und den durch den Wind aufgewirbelten Sand, konnte man selbst am helllichten Tag keine 100 Meter sehen und der Himmel war grau-rot von Rauch und Sand.
Die Freude als es endlich weiterging währte aber auch nicht lange, denn schon im nächsten Dorf mussten wir an der nächsten Werkstatt (die eher aussah wie ein Autofriedhof...) anhalten.
Eine halbe Stunde lang erkundeten Lisa und ich also die Gegend und machten uns über mein vom Sand gebräuntes Gesicht, das aussah als wäre ich zu lange im Solarium gewesen, und meine durch den Sand sehr hellbraun gewordenen Haare lustig.

Als wir uns fragten, wann es wohl weitergeht und ob es überhaupt heute noch weitergeht, wird uns erst richtig bewusst wie wir zwar von einer Katastrophe in die nächste geschlittert sind, uns aber immer in allerletzter Sekunde irgendein netter Mensch wie ein Engel gerettet hat. Die Erkenntnis, dass es sich wirklich zu 100% lohnt, voll und ganz auf Gott zu vertrauen, trifft uns in dem Moment wie ein Geistesblitz und eine tiefe innere Entspannung bringt uns dazu, mitten im Nirgendwo auf einer Autofriedhof-Werkstatt glücklich zu sein. Wie auf ein Stichwort springt in dem Moment das Trotro wieder an und die Fahrt geht weiter. Mit schmerzendem Hinterteil, Sand in Mund, Lunge, Nase und sonst jeder Körperoberfläche und vollkommen übermüdet aber mit der Gewissheit, dass Gott alles in seiner Hand hat, egal was noch schiefgehen sollte, sitze ich also im Trotro und beobachte die lachsfarbene Sonne wie sie trotz dichtem Rauch mit einem kräftigen Farbton hinter schwarz verkohlten Bäumen untergeht und bin einfach nur glücklich jetzt da zu sein wo ich war und all das an diesem Tag erlebt zu haben.
Eine weitere Trotropanne später kamen wir letztendlich in Wa an wo wir von einem weiteren Gastbruder abgeholt wurden.
Nach insgesamt 22 Stunden Fahrt, kamen wir halbtot und verdreckt aber glücklich in Jirapa an und eine gründliche Dusche später lag ich im Bett und das Einzige was ich noch denken konnte war: „Danke Jesus!“
 

Quer durch Tamale - da haben wir uns ja was in den Kopf gesetzt...äh, auf den Kopf gesetzt

Enges Gedränge an der Trotrostation

Auf geht's in ein verrauchtes Abenteuer



Sonntag, 13. Januar 2013

Präsidentschaftwahlen 2012

Nachdem Ghanas Präsident John Evans Atta Mills nach nicht ganz einer Amtszeit am 24. Juli 2012 im Alter von 68 Jahren plötzlich verstarb wurde nach langen und spannenden Wochen und Monaten des Wahlkampfes am 07.12.12 ein neuer Präsident gewählt. Es war vor allem deshalb spannend den Wahlkampf mit anzusehen, weil er mit dem deutschen Wahlkampf kaum zu vergleichen ist.
Ghanaischer Wahlkampf ist nämlich hauptsächlich eine einzige Party. Da ich als Außenstehende den Eindruck hatte, dass sowieso alle Parteien mehr oder weniger das selbe Programm hatten, nämlich Entwicklung durch Schulbildung und Straßenausbau, und Ghanaer generell auf Musik und Tanz stehen, dass der eigentliche Wahlkampf darin bestand, welche Partei die besseren Parties schmiss. Wochenlang fuhren Wahlkampfautos mit lauter Musik, die wie nebenbei im Text für den jeweiligen Kandidaten warben, durch die Straßen und immer und überall wo diese Musik auftauchte wurde getanzt.
Auf seiner Wahlkampftour durch Ghana kam der Vize Präsident John Dramani Mahama auch in Bunkpurugu vorbei um für seine Partei zu werben. Schon Stunden vorher wurde auf dem großem Platz der Busstation laute Musik gespielt und ausgelassen getanzt und getrunken. Als der Vize Präsident dann endlich kam, redete er eine viertel Stunde und war wieder weg. Um die Menge zu belustigen, trat noch ein Japaner auf die Bühne. Der redete ein paar Sätze auf japanisch und die Leute schmissen sich weg vor lachen. Ein gelungener Auftritt also und so ging die Party weiter bis spät in die Nacht.
Die Wahlen an sich liefen dann folgendermaßen ab: Ab 7 Uhr morgens konnte man in jedem Dorf an mehren Stellen wählen...theoretisch. Tatsächlich war es nämlich so, dass in manchen Dörfern die Wahlmaterialien nicht rechtzeitig vorhanden waren.
Der Wähler ging also in seiner Stadt/ seinem Dorf (die meisten sind in ihrer Heimatstadt/Dorf registriert, weswegen bei uns full house war, weil die halbe Verwandtschaft plötzlich von überall her kam) zu der Wahlstation an der er registriert war und musste dort erst mal zur Identifikation seinen Wahlausweis zeigen. Als nächstes wurde mit einem Fingerabdruckscanner gecheckt ob man nicht schon ein zweites Mal wählt...theoretisch. Tatsächlich wurde so mancher berechtigter Wähler erst garnicht vom Scanner erkannt. Als nächstes bekam der Wähler einen Zettel in die Hand mit den Bildern und Namen der Kandidaten und dem Logo der jeweiligen Partei daneben. (Bilder und Logo deshalb, weil viele ältere Menschen in Ghana nicht lesen können) Gewählt wurde dann nicht mit einem einfachen Kreuzchen wie in Deutschland, sondern per Fingerabdruck indem der Daumen kurz in ein Stempelkissen gedrückt wurde und dann neben das Bild des jeweiligen Kandidaten.
Enden sollten die Wahlen eigentlich um 17 Uhr abends...theoretisch. Tatsächlich dauerte es an sehr vielen Stellen teilweise bis zum nächsten Tag wegen diverser funktionsunfähiger Scanner oder nicht vorhanden Materialien.
Zwei Tage später stand dann der neue Präsident fest, der dann genau einen Monat später, am 07.01.13 in der Hautstadt Accra feierlich vereidigt wurde: der ehemalige Vizepräsident John Dramani Mahama.

Und hier noch ein Youtube Link...für das richtige ghanaische Wahlkampffeeling ;)


Die Wahlzettel

Erst wird der Name auf der Liste abgehackt, dann kommt der Finger auf den Scanner

Und ab mit dem Wahlzettel in die "Wahlurne"